Sonntag, 5. Februar 2012

Auf einer Sandpiste bis an den Mekong

Das stinkende Brunnenwasser aus dem Hilltribe-Dorf auf dem Bolaven Plateau hat mir nichts angetan. Alles ist in bester Verdauungsordnung. Zum Frühstück genehmige ich mir, neben dem herrlichen Dao-Kaffee vom Plateau, eine Suppe mit „gerollten Nudeln“. Ich sehe, dass in die Suppe quadratisch ausgerollter Nudelteig von ca. 2 x 2 cm geworfen wird. Diese Stücke rollen sich durch die Hitze der Brühe zusammen und man erhält die gerollten Nudeln. Mit dem sehr zarten Hühnerfleisch, der bereitgestellten salzigen Fischsauce und der täglich frisch produzierten Cilli-Paste, wieder einmal ein Hochgenuss der Sonderklasse. Schade, dass es auf meiner Reiseroute nicht überall so fantastische Frühstückssuppen gibt. Vielleicht plane ich die nächste Reiseroute nach den jeweils vorhandenen lokalen Frühstückssuppen-Möglichkeiten. In den meisten Ländern Südostasiens ist das ja glücklicherweise eine Option. Aber ich bin ja auch meist längere Zeit in Indonesien, und da sieht es dann kulinarisch leider anders aus.
Die Suppen bedeuten immer viel Arbeit. Den Sud am Vortag vorbereiten, frisches Gemüse und Huhn, Fisch oder Fleisch kaufen und schneiden, die Vielzahl an Gewürzen vorbereiten, denn die guten Suppenköche nehmen keine aus dem Supermarkt, Nudelteig herstellen. So ein thailändisches Pad Thai oder indonesisches Nasi Goreng ist da bedeutend schneller zusammengerührt. Für mich ein Graus, aber auch diese Gerichte haben bekanntlich ihre Fans.


Mekong bei Boungkha


Ich starte gleich vom Dao Linh Restaurant in Richtung Norden, fahre über die französische Brücke in Richtung Flughafen Pakxe. Die Straße ist überhaupt nicht stark befahren. Vielleicht, weil heute Sonntag ist. Aber es ist wieder extrem heiß. Nach etwa einer Stunde sehe ich den Abzweiger nach Bounkha und Maising Samphan. Diese beiden Orte liegen direkt am Mekong, am Südrand des Phou Xiang Thong Nationalparks. Auf der Thai-Seite ist ebenfalls ein großer Nationalpark, so dass der Fluss hier eine ca. 80 km lange „Erholungspause“ bekommt. Keine üblen Einleitungen, kein Plastik. Man führt mich nicht auf´s Glatteis, aber auf eine Sandpiste. Zur Tarnung waren nur die ersten 200 m noch asphaltiert, dann geht es los. Bis Bounkha sind es 11 und bis Maising Sampha 26 Kilometer. Ich weiß schon jetzt absolut sicher, dass ich, wenn überhaupt, nur bis Bounkha fahren werde. Teilweise liegt der Schotter hoch auf, so dass es mühsam ist die kleinen Mopedreifen auf Spur zu halten. Einheimische Fahrer geben mehr Gas. Sie kennen den Weg. Aber ich will mir auf diesem Grund unbedingt eine Vollbremsung ersparen und wähle die mühsamere, weil instabilere langsame Gangart. Vier Autos stauben mich ein bis ich den Fischerort am Fluss erreiche.

Sandpiste zwischen Hw 13S und Boungkha/Mekong - Laos


 Hier ist touristisches Niemandsland. Ich sehe es an den Gesichtern. Man ist nicht gerade freundlich, aber auch nicht grimmig. Eher neutral. Aus einer Gruppe von etwa 8 Frauen, die auf der Terrasse eines Holzhauses zusammen hocken, erwidern wenigstens zwei mein „Sabaidee“. Die sonst immer sehr aufgeschlossenen Kinder schauen hier auch eher skeptisch. Ich gehe das Steilufer zum Fluss hinunter. Der Hügel auf der anderen Seite ist auch Laos. Erst 2 km weiter flussaufwärts wird der Mekong wieder zum Grenzfluss. Unten entladen zwei Frauen gerade Gemüse aus einem Boot und haben auf dem Weg nach oben schwer zu tragen. Ich zeige: „Oh, sehr schwer“, und da wird dann auch mal gelacht. Ich höre gleich ganze Kaskaden von Sätzen die ich nicht verstehe. Vielleicht erzählen sie mir ja, dass ich als Gentlemen die schweren Taschen ruhig für sie hoch tragen könnte.

Mekongufer bei Boungkha/Laos
Der Rückweg über die Piste ist angenehmer, denn diesmal überholt kein Auto und es kommt auch keines entgegen. An der Hauptstraße fahre ich weiter nach Norden. Ich will den Weg nach rechts finden, der durch das Bolaven-Plateau wieder  zur 20 (das ist die Straße zum Phasouam Wasserfall, die ich gestern gefahren bis) und zurück nach Pakxe führt. Mir ist jetzt klar, dass dies alles Sandpisten sind, aber was soll mich jetzt noch schocken. Und dreckig bin auch schon. Das muss der Weg sein. Der ausgeschilderte Ort heißt Dong. Hier lerne ich, die Beschaffenheit der Piste anhand der Farbe zu bestimmen. Ist die Erde rot, dann ist alles OK. Kommen weiße Stellen, dann ist die rote Erde abgespült und darunter der weiße Boden ist wie Gips. Darin sind extreme Wellen. Bei einer wird die Wasserflasche aus dem Korb, vorn am Moped, hoch katapultiert. Ich reiße den Arm nach oben und fange sie auf. Warum filmt so etwas keiner? Das war der perfekte Stunt. Gelingt in hundert Jahren wahrscheinlich nur ein einziges Mal.
In Dong hat sich mein Plan dann erledigt. Die Piste endet am Se Dong Fluss. Zwar wird hier gerade an einer Brücke gebaut, die Außenpfeiler stehen schon, aber selbst als Langzeittraveller habe ich nicht so viel Zeit, um darauf zu warten. Also, Rückzug.
Auf der Fahrt zurück nach Pakxe greife ich abwechseln rechts und links den Lenkergriff von unten. So zeigen dann auch mal meine Unterarme nach oben. Ich habe nämlich mal wieder die typischen Mopedfahrerarme. Verkohlt bis zum Ansatz des Hemdärmels. Zwei Tauchsieder die zischen, wenn man sie nach einem Tag auf dem Moped in praller Sonne ins Wasser hält.
Ich besorge mir in der Stadt noch so ein, zwischen Stöckchen geklemmtes, aufgeklapptes Hühnerteil, frisch vom Grill. Jetzt will ich es wissen, ob die Grillhühner hier auch mit Süßem eingeschmiert werden, was ich absolut nicht mag. Aber wie soll ich es rausbekommen, wenn ich nicht einmal eins kaufe. 8.000 KIP = 0,80 EUR sind die Kosten für diesen Geschmackstest. Im Zimmer, nach der dringend nötigen Dusche, kommt der Moment der Wahrheit. Ja, die Soße an dem Hähnchen ist ganz leicht süßlich, aber es geht noch. Der Flattermann schmeckt.

Pakxe - Boungkha, und nicht Paris-Dakar :-)

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