Dienstag, 17. Januar 2012

Saigon - Ho Chi Minh City

Was für ein Flug!
Vermutlich der geräuschvollste meiner bisherigen, schätzungsweise etwa 300 Flüge. Schreiende – nein, kreischende Kinder in Massen, ununterbrochen quakend schnatternde Teenies, und nervtötende Klingeltöne rundherum, ohne Unterbrechung. Niemand denkt daran seine Elektronik auszuschalten. Auch nicht bei Start und Landung, und schon gar nicht, weil es durchgesagt wird. Man ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Schon die Durchsagen im Gate waren wegen des Lärms der Fluggäste unverständlich, obwohl die Lautsprecher OK waren. Gatewechsel, Verspätung, Flugausfall, niemand hätte so eine Durchsage mitbekommen, denn jeder hat Wichtigeres zu erzählen als die Tante da oben unter der Hallendecke.
Während die Maschine auf der Startbahn beschleunigt werden noch schnell Plätze getauscht. Das Flugwetter ist wunderbar. Erst 10 Sekunden vor der Landung bricht der Platzregen los. Jürgen is coming, the rainmaker, Pak Hujan. Mein Ruf aus dem letzten Jahr scheint mir auch hier vorauszueilen. Ich bringe den Regen. Die Flugzeugeinweiser auf dem Vorfeld stehen bis zu den Waden im Wasser. Meine erste Landung im Wasser.

Das über Internet erhaltene Erlaubnisschreiben zur Abholung eines Visums für Vietnam bei Einreise funktioniert. Ich tausche meine restlichen 145 Ringgit in Vietnamesische Dong um und erhalte über 890.000 dafür, ca. 34 EUR.  Für 9 USD kaufe ich bei einer sehr freundlichen Dame von Saigon Air Taxi ein Taxiticket zum Hotel Hong Vy 1. Wir haben den Flughafenbereich noch nicht verlassen, da bekommt der Fahrer Probleme mit dem Hotelnamen. Pausenlos fragt er danach. Den Namen hat er auf seinem Fahrauftrag stehen, den er vor Abfahrt auch angesehen hat. Ich bitte ihn, sofort zu stoppen, um das mit dem Office zu kären. Denn was nun folgen könnte ist mir sonnenklar:  eine Odyssee durch Saigon. Er fährt weiter, ich halte ihm meinen Agoda-Voucher hin. „Ah, Hong Vy“, das Gleiche stand schon auf seiner Durchschrift. Wenige 100 m weiter tippt er auf eine winzige Schrift auf der Beifahrerseite. Ich sitze hinten und kann nichts erkennen. Weil es um Geld geht, soviel ist klar, krame ich meine Brille raus. Die Beschriftung sagt aus, dass der Fahrgast Straßenzollgebühren selbst zu zahlen hat. Er hält während der Fahrt die Hand auf. Ich frage, wie viel das denn sein soll. „100.000 Dong“ = ca. 3,50 EUR . Der Junge dreht jetzt voll durch. Zum einen haben wir keine Mautstelle passiert, an der Straßenzoll fällig geworden wäre, zum anderen machen mich seine beschissenen Abzockversuche jetzt echt sauer. Da er ohnehin kein Englisch versteht sage ich ihm auf Deutsch, aber in einem Ton, in dem man jede Sprache verstehen kann: „Junge, fahr mich zum Hotel und halt die Klappe. Keinen einzigen Dong bekommst du von mir extra, und dein Trinkgeld hast du gerade auch schon verzockt, du Schwachmat. Außerdem schreib´ ich mir jetzt auf, mit wem ich hier den Spaß habe, damit wir das mal weitergeben können, was du hier abziehst.“ Ich nehme meine Notizbuch heraus, im Rückspiegel sehr genau beobachtet, und schreibe die TaxiNr. auf, die Telef.Nr des Unternehmens, und drücke noch ein wenig auf den Tasten meines Handys rum (ohne Simcard für Vietnam). Kurze Zeit ist Ruhe, dann versucht er es wieder. Wenn ich sein Kauderwelsch richtig deute, dann erkärt er mir gerade, dass ich am Flughafen nicht das Taxi, sondern nur die Gebühren für den Flughafen gezahlt hätte. Dabei zeigt er auf das Taxameter, das lustig die Tausender sammelt. In diesem Augenblick weiß ich sicher, dass ich ihn anscheißen werde bei seiner Gesellschaft, per E-Mail. Die Straße findet er, aber das Hotel zeige ich ihm, obwohl ich noch nie hier war. Beim Aussteigen schiebt er mir noch einen Beleg über 10.000 Dong rüber, 0,35 EUR. Immerhin, sein Kurs ist um 90 % gefallen. Dennoch, ich bitte ihn in ruhigem Ton und, wie ich finde, ausgesprochen höflich, sich den Schnipsel zusammenzurollen und in den Anus zu schieben, nehme mein Gepäck und verlasse das ungastliche Taxi. Trinkgeld Ade.

Die Dame an der Rezeption ist auch eher von der ruppigen Art. Für die Anmeldeformalitäten will sie meinen Pass behalten. Wie lange? Bis morgen. Geht nicht, ich gebe meinen Pass nie aus der Hand und morgen will ich außerdem zum Indo-Konsulat. Ich kann durchaus warten und frage sie, wie lange sie für die Registrierung benötigt. Wieder: „Bis morgen“. Nein, sage ich, das geht auch schneller. Habe schon Hotels erlebt, wo das in Minuten erledigt war. Kopieren des Passes ist auch OK. Sie erklärt mir, dies sei ein Hotel. Da müsse ich keine Angst haben, dass mit dem Pass was passiert. Von meinen Erfahrungen in Ägypten will ich ihr nun nicht erzählen, aber das einzige Mal, wo mein Pass weg war, hat ihn ein Hotel verbaselt. Hätte damals fast meinen Rückflug verpasst, weil die den nicht gefunden haben. Und genau wegen dieser Erfahrung bestehe ich darauf, meinen Pass nach dem Einchecken wieder bei mir zu haben. Sie ist jetzt stocksauer. Ihr aufgesetztes, künstliches Grinsen, was nicht mehr ist als ein Zähne zeigen, signalisiert eindeutig: Du scheiß Ausländer-Arsch, ich hasse dich!
Vermutlich hasst sie auch ihren Job. Es geht weiter. Jetzt will sie mich von der Rezeption loswerden, kann es nicht haben, dass ihr auf die Finger sehe. Sie bittet mich – nein, sie weist mich an -  in der Sitzecke Platz zu nehmen.
Ooch nee, hab´ so lange gesessen, langer Flug und so, da steh ich ganz gerne mal.
Und was soll man sagen, effektiver kann man kaum arbeiten. Nach kaum einer Minute habe ich meinen Pass wieder in der Hand. Um die miese Stimmung aufzulösen versuche ich ihr zu erklären, warum mir der Pass so wichtig ist. Die vielen Visa sind wichtig für die lange Reise usw. Sie heuchelt oberflächlich aufflackerndes Interesse vor, kann aber nicht den Ausdruck wegschauspielern, dass es sie in Wirklichkeit einen Dreck interessiert.
Das Zimmer ist eine Wucht. Ehrlich. Ich bin total erstaunt. Leider tut es die AirCon nicht. Habe schon alles ausgepackt und gehe runter um ganz höflich um Hilfe zu bitten. Ganz tief im Inneren bin ich froh über meine Tropenerfahrung und die Gewissheit, auch bei 35 Grad schlafen zu können, denn mit einer Problemlösung rechne ich nicht. An der Rezeption lobe ich überschwänglich das wunderbare Zimmer. Die Dame ist zu einem weniger verkniffenen Lächeln bereit. Der Boy kommt mit hoch und biegt hinter dem Fahrstuhl in die falsche Richtung. Nein, dahinten ist das Zimmer, deute ich an. Er lässt sich nicht beirren. Als ich massiv klar mache, dass ich meine Plünnen in das Zimmer links gepackt habe, zeigt er mir den Schlüssel 207, mein Zimmer. Scheiße!! Ich hab´ Zimmer 201 bezogen. Comfort Class!  Gebucht habe ich Standard. Die 7 sieht aber auch wirklich wie eine 1 aus. Der Junge begreift überhaupt nichts, ich muss wieder runter. Sehe schon den Triumph im Gesicht meiner neuen asiatischen Freundin. Ich krieche zu Kreuze, falte die Hände besonders hoch zur Entschuldigung, erkläre das Zimmer 207 sei ebenfalls wunderschön, und bitte um untertänigste Vergebung. Sie wird mir gewährt.
Entgegen der Aussage der Rezipepsi-Tante, das Internet funktioniere nur in der Lobby, habe ich Turboverbindung im Zimmer. Gut, dass es auch hier so bestens geschultes Personal gibt. Oder sind das alles nur Verständigungsprobleme? Manchmal sind sie es wirklich. Darum muss man sich beherrschen und möglichst lange Geduld bewahren.  


Saigon bei Nacht



Hotel ansehen:      Hong Vy 1 Hotel, Saigon

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