Sonntag, 29. Januar 2012

Die Fahrt entlang der DMZ (entmilitarisierte Zone, ehem. Grenze Nord-/Südvietnam)

Hue-Straßenszene aus dem Busfenster 

Dong Ha, Cam Lo, Camp Carroll, Rockpile, Hill 881 North and South, und Khe Sanh – alles Namen, die 1968 täglich in den Nachrichten waren. Und wenn diese Nachrichten nicht manipuliert wurden, dann waren es für die Amerikaner meist ziemlich schlechte. Die Belagerung bei Khe Sanh dauerte von Januar bis Juli. An allen Seiten lagen die Vietcong und die Luftunterstützung war wegen Beschuss kaum noch möglich. Dann folgte der massivste Einsatz von B 52 Bombern, den die US-Truppen jemals gestartet haben. General Giap, der schon in Dien Bienh Phu gegen die Franzosen erfolgreich war (siehe mein Buch „Das Majapahit-Geheimnis“), konnte hier nicht mehr standhalten. Für den Moment. Sieben lange Kriegsjahre später siegte der Norden dann am Ende doch. Der unrühmliche Versuch der USA, durch eine Invasion eine Region vom Kommunismus frei zu halten in der sie absolut nichts verloren hatten, war gescheitert. David hatte Goliath besiegt. Und genau durch dieses meist umkämpfte Gebiet und die Gegenden um den Ho Chi Minh Pfad, der logistischen Lebensader der Nordvietnamesischen Truppen, geht meine heutige Fahrt. Ich war damals 16 Jahre alt. Sowohl die indoktrinierte Berichterstattung über, als auch die Proteste gegen den Vietnamkrieg, sind mir genauso in Erinnerung wie die studentischen Auswüchse im Hochleben lassen von Ho Chi Minh. Und darum ist das heute schon etwas emotional, genau in dieser Gegend zu sein.

Um 7 Uhr soll ich in Thu´s Café abgeholt werden, ab 6:30 Uhr könne ich frühstücken. Ich bin 6:40 Uhr da und stehe vor verschlossenen Türen. Pünktlich um 7 macht sie dann auf und fragt, ob ich schon lange warte. Sehr witzig. Spaß machen auf vietnamesisch. Ich bestelle Kaffee und frage, ob ich erst zum Busbahnhof (‚Ben Xe’ auf vietnamesisch) gebracht werde. Sie verneint. Der Bus käme hier vorbei. Um 7:10 erscheint ein Mopedfahrer mit einer Uraltmöhre und fragt mich, ob ich nach Savannakhet will. Wenigstens hat man mich nicht vergessen. Ich sage Thu Bescheid, dass ein Mopedfahrer mich holt. Sie schaut kurz, wer das ist, und dann heißt es „Tschüs“. Der Fahrer ist bemüht, das Maschinchen mit mir und meinem Gepäck auf Touren zu bringen, was mehr als mühsam ist. Nach ca. 10 Minuten erreichen wir den Busbahnhof. Der Fahrer sagt, ich solle dort stehen bleiben, in etwa 15 Minuten ginge es weiter. OK, und wie? Er fährt weg. Ein Scheißgefühl ist das. Insbesondere, als ein Bus nach Vientiane den Buspark verlässt. Das ist doch meine Richtung. Müsste ich nicht da vielleicht drin sitzen? Mein muffeliger Mopedfahrer kommt wieder. Jetzt will er meinen Pass und mein Ticket, um das im Gebäude des Ben Xe zu checken. Ich sage ihm, dass die Fahrkarte nicht auf meinen Namen gebucht ist. Egal. Wieder ein Scheißgefühl, als er mit meinem Pass im Gewühl verschwindet. Nach wenigen Minuten ist er wieder da, gibt mir den Pass zurück, aber nicht das Ticket. Als ich danach frage wird er ruppig und nuschelt, dass das so OK sei.
Weiter warten. Dann fordert er mich auf nach hinten zu gehen, wo die Busse warten. Er bringt mich zu einem Bus, auf dem tatsächlich Savannakhet steht. Oh Wunder. Ein Typ kommt aus dem Gebäude und sagt jedem Fahrgast eine Platznummer. Ich erhalte die 35. Kaum habe ich es mir auf diesem Platz halbwegs gemütlich gemacht nachdem der Rucksack verladen wurde, kommt der Platzansager wieder. Alles aussteigen, es fahren heute zwei Busse und ihr müsst in den anderen. Also, Gepäck wieder raus und rüber in den anderen Bus. Savannakhet steht drauf, also OK. Besser ist dieser Bus leider auch nicht. Um 8:20 ist dann endlich Abfahrt. Es geht durch die Stadt in Richtung Highway 1. Und was soll ich sagen, etwa 150 m am Café Hue on Thu Wheels vorbei. Die Vietnamesen wissen eben, wie man Chaos organisiert. Am Ende staunt man immer, dass doch alles wie von Geisterhand gefügt ineinander passt.
In Quang Tri und Trien Phuong sehe ich am Hw 1 die ersten monumentalen Kriegsgräberstätten. Um 10:30 verlassen wir die 1 und biegen in Dong Ha auf die 16 und weitere 9 in Richtung Westen, nach Laos. Hinter Cam Lo kommen die Hügel in Sicht, die die Amerikaner mit ihren Bomben ziemlich von Bäumen befreit haben. Aber sie sind inzwischen wieder grün bewachsen. Allerdings werden sicher noch Tonnen an Blindgängern in den Wäldern liegen.

Hügel um Rockpile, Camp Carroll aus dem Busfenster


Dakrong - River bei Pu Tanh

Fluss Dakrong bei Khe Sanh

An der Grenze dauert es geschlagene zwei Stunden, bis ich meinen Ausreisestempel im Pass habe. In der Schlange wird gedrängelt, dass einem die Luft wegbleibt. Und vorgedrängelt. Und zwar so eiskalt, wie ich es noch nicht erlebt habe. Vor drei Schaltern sollten drei Reihen sein. Aber die Leute gehen zwischen den Reihen vor und schieben sich dann an den Schalter. Keiner beschwert sich. Besonders dreiste Drängler werden belächelt, als ob man ihre Leistung, gleich zwanzig Plätze gut gemacht zu haben, besonders würdigen würde. In allen Pässen sehe ich 10.000 Dong stecken, die nach der Übergabe des Passes sofort in eine Schublade wandern. Eine Europäerin hat sehr lange gestanden, bis sie den Schalter verlassen konnte, darum mache ich das auch mal. Die fiesen Typen in Uniform verdienen sich goldene Nasen, wenn das den ganzen Tag so geht. Einer von ihnen will die Leute in der Schlange erst einmal disziplinieren. Er hört einfach mit der Abfertigung auf und schließt den Schalter. Nach fast zwei Stunden in diesem Gedränge eine Zumutung, aber ich wahre Disziplin. Mit der Bestechungsnummer geht meine Abfertigung regelrecht fix. Nach etwa 4 Minuten habe ich den Stempel.
Die Einreise nach Laos geht dann schnell. Das Visum kostet 41,- USD. Es wird ein Passfoto benötigt. Bezahlen kann man in USD und KIP. Ein paar Engländer bekommen ein Problem. Sie sind mit Pfund Sterling an die Grenze gefahren. Wegen dieser Idioten verzögert sich die Weiterfahrt um mindestens eine Stunde für alle. Ich bin froh, dass ich rechtzeitig beim Bus war. Er verlässt die Grenze nämlich, um etwa 1 km weiter an einem Rasthaus zu parken. Niemand der anderen Busgäste weiß davon. Ein Kanadier drängt darauf, dass man sie informiert und macht so lange Terror, bis jemand sich auf ein Moped schwingt und zur Grenze zurückfährt. Hier bestätigen sich mal wieder meine Erfahrungen aus anderen Regionen, besser niemals den Bus zu verlassen. Einheimische haben es da einfacher, die kennen das. Aber uns Traveller informiert man nicht. Es ist warm. Laoswetter. Das Vietnamwetter hält sich exakt an die politischen Grenzen und ist drüben geblieben. Der ATM an der Grenze gibt mir kein Geld und der Wechselkurs der Ladies, die hier Geldumtausch anbieten ist mir zu schlecht. Ich habe nun kein Geld um mir etwas zu trinken zu kaufen. Außer dem Kaffee am Morgen wird es also nichts geben bis zum Abend. Disziplin hilft auch darüber hinweg. Es ist OK. So muss ich auch zu den Pinkelpausen am Straßenrand nicht raus. Für die Damen ist es jedes Mal eine ziemlich Prozedur, mit den angesagten Stöckelschuhen hinter die Büsche zu kommen.
Die Fahrt geht durch trockene, staubige Gegenden mit ausgetrockneten Reisfeldern. Die Landschaft ist nur bedingt reizvoll. Den letzten Rest bekommt sie durch die hoffnungslos vermüllten Straßenränder über mehr als 300 Kilometer. Plastik breitet sich hier durch den Wind so weit aus, wie das Auge reicht. Hell leuchtende Plastikpunkte auf grauem und braunem Grund, an Sträuchern und Hecken, und in Bäumen.
Im Dunkeln erreichen wir Savan, wie man hier abgekürzt auch sagt. Das Tuktuk in die Stadt kostet 10.000 KIP = 1 EUR. Ich habe aber nur Dollar. Der Fahrer hält irgendwo, wo wir wechseln können. Ein Franzose mit KIP hat mir auch angeboten zu zahlen. Nett. Der bezieht im Zentrum ein Basic-Zimmer für 4,- EUR, meines kostet im SavanBanHao Hotel 6,50 EUR und hat Klimaanlage und Mini-TV. OK, jetzt aber los und was essen und trinken. Ich finde das Anakot Café. Etwas teurer als normal, sie unterstützen Eco-Projekte, aber eine sehr nette Atmosphäre. Ich fühle mich Anhieb wohl und kann auch noch über WiFi ins Netz und Jörg in Vientiane mitteilen, wo ich gelandet bin, damit unser Treffen klappt. Ich esse Thai Red Curry (den hatte ich schon besser) und trinke drei Bier Lao für insgesamt 5,50 EUR.

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